Die Meinung am Freitag, 10.09.2018, von Jan Saffe

Ich meine, dass wir uns nicht von Bedenkenträger*innen und -pfleger*innen beirren lassen, sondern an unsere Sache glauben sollten.

09.08.18 –

„Essbaren Stadt“ nimmt Fahrt auf!

 

Als die Grüne Fraktion vor einem Jahr mit der Idee "Essbare Stadt" mitten in der Stadt um die Ecke kam und wir das Thema parlamentarisch in die Bürgerschaft einbrachten, wurden wir noch belächelt und auch beschimpft. Wir hatten gefragt, ob sich der Senat die „Essbare Stadt“ wie sie z.B. in Andernach umgesetzt wird, auch in Bremen vorstellen kann. Hier werden Gemüse und Obst mitten der Stadt statt Eisbegonien, Stiefmütterchen und dergleichen angebaut.

Bei unserer Parlamentarischen Anfrage richteten wir den Blick unter anderem auf die Wallanlagen und speziell auf die Flächen unterhalb der Wallmühle. In den Medien und in Leserbriefen bekamen wir hierfür viel Zuspruch, aber auch Proteste. Gemüse mitten in der Stadt? Grüne könnten gerne träumen, sollten dies aber "auf der eigenen Parzelle tun, nicht in einem Parlament" hieß es z.B. in einem  Kommentar. Auch wurde die Angst geäußert, dass dort nur Hunde hinpinkeln und Müll dort entsorgt würde.

Und die Wallanlagen -  speziell unterhalb der Wallmühle – kämen als zentrales Tourismusziel sowieso nicht in Frage. Denkmalschutz, Touristenattraktion, häufig fotografiertes Motiv in Bremen, da läuft gar nichts, da gehören ordentliche Begonien, Stiefmütterchen etc. hin, lauteten u.a. die Belehrungen.

Und nun? Man reibt sich die Augen. Genau an diesem vermeintlichen Gemüse-Tabu-Ort gesellten sich seit einigen Woche zu Ringelblumen und Tagetes auch Mangold und gelbe Zuchchini. Offenbar verstoßen diese beiden Gemüsesorten doch nicht gegen den Denkmalschutz. Ich war in diesen Tagen mehrfach vor Ort und kann berichten: Ja, auch Nutzpflanzen sind Hingucker, werden ebenso gerne von Touristen und Einheimischen fotografiert. Ich habe keinen Hund auf der Fläche und auch keinen Müll entdeckt. Und jetzt das Schönste: Letzten Mittwoch war Erntetag. Es wurden kiloweise Mangold und Zucchini geerntet, die an die Suppenengel gingen. Die frisch geernteten Gemüse wurden eingesammelt und in Kisten abtransportiert, mit dem Ziel für bedürftige Menschen ein wunderbares Gericht zu zaubern.

Ich freue mich sehr, dass dieser Gedanke nun erfolgreich umgesetzt wurde und die Ernte auch noch Menschen hilft, die Unterstützung brauchen. Wir sollten nun überlegen, welche weiteren Orte für eine „Essbare Stadt“ in Bremen außerdem denkbar wären, etwa in Bremen-Nord oder in der Neustadt. Was jezt an der Wallmühle zu erleben ist, ist für mich eine klare Win-Win-Geschichte, die unbedingt weitergeschrieben werden sollte. Als für diesen Bereich zuständiger Abgeordneter ist diese überraschende Wende ein wirklich beglückender Moment.

Ich meine, dass wir uns nicht von Bedenkenträger*innen und -pfleger*innen beirren lassen, sondern an unsere Sache glauben sollten.