Die Meinung am Freitag, 25.07.2014, von Frank Michael Rauch
Ich meine, dass Extremismus und Fundamentalismus in der Religion ebenso gefährlich sind wie Extremismus und Fundamentalismus in der Politik.
Die Grünen-Politiker Winfried Kretschmann und Sven Giegold haben „Religionspolitische Thesen“ in der Fassung vom 6. Juni 2014 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt (zu den Thesen).
Ich begrüße diesen Anstoß zur Diskussion über unseren Umgang mit Grundfragen und Grundrechten und möchte einen für mich zentralen Satz aus diesen Thesen herausgreifen:
„Auch innerhalb der kooperativen Trennung setzt der Staat allerdings legitimerweise Grenzen für die Entfaltung der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, um die Gesellschaft vor Extremismus und Fundamentalismus in der Religion zu schützen.“
Ein konfessioneller Religionsunterricht an staatlichen Schulen schafft Trennungssituationen und ist nicht mehr zeitgemäß. Der interreligiöse Dialog muss – ebenso wie die Begegnung von Kindern unterschiedlicher Herkunft – bereits früh in der Schule beginnen und ist Teil des Sozialisationsprozesses in unserer Gesellschaft. Und Religionsunterricht ist der eigentliche Ort für diesen Dialog. Die Weiterentwicklung des Schulfaches „Biblische Geschichte“ im Lande Bremen zu einem konfessionell ungebundenen Fach „Religion“ kann für andere Bundesländer vorbildlich sein.
Was Schülerinnen und Schüler als „Kindheitsglauben“ mitbringen, ist im Laufe der persönlichen Entwicklung dem Wandel unterworfen. Ein schönes Beispiel ist die Evolutionslehre von Darwin. Diese wird im Biologieunterricht verhältnismäßig spät behandelt, und das sogar an Privatschulen, die eher von Kreationisten gefördert werden. Der naturwissenschaftlichen Erkenntnis von einem langen Entwicklungsprozess der Menschwerdung im Laufe von Jahrmillionen kann sich niemand verschließen. Wie dieser Prozess zu interpretieren ist, welche Triebkräfte dahinter stehen, oder ob alles nur Ergebnis von zufälligen Ereignissen ist, bleibt dem persönlichen Glauben des einzelnen Menschen überlassen.
Frank Michael Rauch ist kreisfreies Mitglied aus der Neustadt.
Kommentare:
Selbstverständlich ist es Aufgabe der Schule, die kulturellen Traditionen zu lehren, die ein gebildeter Mensch kennen sollte, um zu verstehen, warum es den Felsendom, Angkor Wat oder die Johannespassion gibt. Dazu gehört auch, dass Schüler etwas über die Existenz von Religionen lernen. Aber wenn man das als eigenes Schulfach unterrichtet, stellt das doch schon eine Diskriminierung der Menschen mit vernunftorientierter Weltsicht dar, als ob jeder eine Religion haben müsste und die Menschen, die sich davon befreit haben, irgendwie unvollständig sind.
Herr Schimmler: Begriffe wie "befreien" und "Vernunftsorientierung" stoßen mir in Ihrem Kommentar sauer auf. Sie erwecken damit den Anschein, ein Verständnis der Welt über ein anderes zu stellen.
Montag Morgen begrüßte er meine Klasse mit diesen Worten": " guten Morgen Ihr Lieben, schön dass Ihr alle in der Kirche wart! Aber, wo war denn unsere Sandra schon wieder? Hast du Gott nicht lieb? Er weint jetzt im Himmel weil Du nicht zu seinem Gottesdienst da warst!"
Dann musste ich vor der ganzen Klasse aufstehen und an die Tafel kommen.
Eines Tages fragte er mich " wo warst du denn schon wieder?" Ich hielt diesen Drill nich mehr aus und antwortete Wortwörtlich : " ich habe gespielt. Und ich weiss, dass Gott sich mehr darüber freut, als würde ich in der Kirche sitzen, frieren und mich langweilen!".
Ein betrunkener Pfarrer gehört weder in eine Kirche noch sonstwohin. Und, reiner Dogmatismus ist dort genauso Fehl am Platz.
Bringen wir unseren Kindern bei, wie leben und überleben geht. Wie das soziale Miteinander funktioniert. Wie man Mut fasst auch wenn alles hoffnungslos scheint. Zeigen wir ihnen, dass wir ihnen auf helfen, wenn sie gefallen sind. Und bringen wir ihnen bei, das man alles verändern kann, wenn man es nur fest genug wünscht!
Ich glaube. An die Liebe in jedem von uns!
Eure Sandra
Herr Schimmler vertritt den - gut nachzuvollziehenden - Punkt, dass nur eine absolute Trennung von Religion und Staat den immernoch vorhandenen Raum zur Diskussion (sei es um Kopftücher oder Kreuze in Klassenzimmern) abschafft.
Das eigentlich wichtige dabei ist allerdings folgendes: Religionen bieten die Grundlage für Jahrhunderte westlicher Philosophie und natürlich Kunst. Gotteskritik ist ein entscheidender Zugang zu Kant, Lessing, Hegel, Marx, Nietzsche, Wittgenstein; dem ganzen Skatverein. Im weiteren auch Lyrik i.S. der Rubaiyat von Omar Khayyam (um mal vom Christentum wegzukommen) und einer riesigen Zahl weiterer Werke.
Ein didaktisches Aufarbeiten dieser Themen im speziellen ist im Rahmen der Grundschule natürlich nicht möglich. Die Kenntnis über die religiösen Hintergründe für ein Verständnis (und späteres Eigenstudium) aber unerlässlich.
Für höhere Schulstufen gilt natürlich, dass der Philosophische Überbau genauso mitunterrichtet gehört wie die religiöse Grundlage (unabhängig jeder Religionszugehörigkeit).
Darum halt ich das Fach „Religionskunde“, dass sowohl den Inhalt, wie auch die Kritik an Religionen unterrichtet für einen Gewinn im sonstigen Leerplan (Typo intended).
Ihr Kommentar:
