Die Meinung am Freitag, 29.6.2012, 1. Halbzeit, von Jasper Nehms, LSM der GJHB

Ich meine, dass Patriotismus nervt, auch zur Fußball-Europameisterschaft der Herren.

29.06.12 –

Ich meine, dass...

Patriotismus nervt, auch zur Fußball-Europameisterschaft der Herren. Alle zwei Jahre findet ein Fußballgroßevent statt. Alle zwei Jahre eskaliert Fußball-Deutschland. An jedem zweiten Auto, an vielen
Fenstern, auch an Rückspiegeln und in den Gesichtern der Fußballjünger_innen sind sie zu finden: Die  Nationalfahnen der Nationen, deren Fußballnationalmannschaften um den Titel kämpfen. Doch was ist das Problem? Es geht doch nur um Fußball, da schadet so ein klein wenig Wettbewerb doch nicht? Doch!


Ich denke, dass der aufkommende Patriotismus durchaus gefährlich sein kann und nicht klar von Nationalismus getrennt werden kann. Natürlich wird es kaum eine_r schwarz-rot-goldenen Person auf der Berliner Fanmeile darum gehen sich von Ausländer_innen abzugrenzen, es soll ja lediglich das eigene Team gefeiert werden, aber hier sind die Grenzen mehr als fließend. Es geht los mit „Wir!“ und endet mit den „Anderen!“. Dass dieser Zusammenhang in der Tat nicht abwegig ist, zeigt der Bielefelder Soziologe Heitmeyer mit seiner Studie „Deutsche Zustände rund um die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland“, die den Zusammenhang zwischen „Party-Patriotismus“ und Fremdenfeindlichkeit untersucht. Aber es gibt auch direkte Auffälligkeiten: Der Bundesvorstand der Grünen Jugend hat für seinen „Patriotismus –Nein Danke!“ Aufkleber dieses Jahr viele Drohmails bekommen, die moderateren
sind im Webblog der Grünen Jugend zu finden, ist also der Umgang mit Nation wirklich so unverkrampft? Solche Beiträge zeigen mir, dass meine Kritik an diesem scheinbar harmlosen Party-Patriotismus berechtigt ist.

Gefördert wird dieser unreflektierte Umgang mit der eigenen Nation und dem Patriotismus noch von der Boulevardpresse. Wenn die BILD vom „Ersten Heimspiel in Danzig“ schreibt. Klar, diese Aussage kommt vom Bundestrainer Jogi Löw und bezieht sich auf das Hotel der deutschen Spieler im polnischen Danzig, weckt aber starke negative Assoziationen, schließlich begann der zweite Weltkrieg mit einem Angriff auf Danzig.

Auch das Benehmen deutscher „Fans“ in Polen und der Ukraine ist deutlich mehr als bloßes Ausleben, als die Freude über den Sieg der DFB-Auswahl. Es mag argumentiert werden, dass diese ja lediglich der rechte Rand der Fußballfans seien, aber auch diese identifizieren sich mit Schwarz- Rot-Gold und einige „normale“ Fans lassen sich davon mitziehen und singen dann mit, wenn es heißt: „Eine U-Bahn von Lemberg bis nach Auschwitz“. Ich habe nichts gegen Fußball und Fußballgroßevents, allerdings nerven mich Nationalfahnen, „Sieg“-Schreie und das, was deutsche „Fans“ und die Bildzeitung daraus machen. Deshalb: Still not loving Nations!