Die Meinung am Freitag, 10.08.2018, von Ralph Saxe

Ich meine, dass die Klimakatastrophe verhindert hätte werden können und immer noch gemildert werden kann. Klimawandel hört sich inzwischen fast zu niedlich an. Darüber sind wir längst hinaus. Die Klimakrise entwickelte sich in eine Klimakatastrophe.

09.08.18 –

Ich meine, dass die Klimakatastrophe verhindert hätte werden können und immer noch gemildert werden kann. Klimawandel hört sich inzwischen fast zu niedlich an. Darüber sind wir längst hinaus. Die Klimakrise entwickelte sich in eine Klimakatastrophe. Jetzt wird eifrig geleugnet, schön gefärbt, bezweifelt und relativiert. Wir erzeugen weiter Strom aus Kohle, fahren mit fossilen Energien, fliegen entspannt mit dem Flugzeug und erhitzen die Erde mit vielerlei schädlichem Gedöns weiter. Das nervt. Ich will keine Betroffenheitsrhetorik: sondern Kohleausstieg, Verkehrswende, Agrarwende, Mäßigung, Verantwortung.

Es gibt kein wichtigeres Thema als die Klimakatastrophe. Es wird mehr Chaos, klimabedingte Todesfälle, Vertreibung und Flucht deswegen geben. Und worüber wird geredet und geschrieben: Über bescheuerte Ankerzentren, über die Partystadt Berlin oder Schrottautos in Blumenthal. Der Kopf  wird in den überhitzten und staubigen Sand gesteckt. Die Art wie wir uns bewegen, wie Landwirtschaft betrieben wird, wie wir Wachstum auf Kosten des Klimas organisieren: es ist ein möglicher Weg in eine teilweise Unbewohnbarkeit dieser Erde. Die Verharmlosung oder Leugnung dieser Gefahren gehört zum Zukunftsmodell nicht nur von Trump & Co. sondern ist auch Teil der DNA deutscher Parteien. Leider ist auch die selbsternannte Klimaschutzweltmeister*in Deutschland längst als Hochstapler*in enttarnt. Große Sprüche und klitzekleine Schritte statt eines radikalen Schnitts. Der muss nicht immer wettbewerbsfähig sondern überlebensfähig sein...

Dabei ist es fast kurios, dass Teile der Wirtschaft die gefährlich zaudernde Bundesregierung längst überholt haben. Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re will zukünftig nicht mehr in neue Kohlekraftwerke oder –minen investieren. Er will auch nicht mehr in Unternehmen investieren, die zu mehr als 30 % ihr Geld mit Kohle verdienen. Da geht sicherlich noch mehr. Aber es ist ein gutes Zeichen. Das Bewusstsein für den sehr dringlichen Handlungsbedarf, um die Klimakatastrophe einzudämmen, ist in der Bundesregierung jedenfalls nicht überall ausgeprägt. Die SPD-Bundesumweltministerin machte einen Vorschlag, bis 2030 die CO2-Emissionen der Autos um 50 % auf Basis des Jahres 2021 zu senken. Das wäre dann ziemlich genau die Einhaltung des vereinbarten deutschen Zieles im Pariser Klimaschutzabkommen. Parteifreund Scholz verbeugte sich aber lieber ganz tief vor der Autoindustrie und kassierte Klimaschutz ersatzlos. Der Bundesumweltministerin solle aber übrigens ein gesichtswahrender Ausstieg aus ihrer Forderung ermöglicht werden.

Dabei müssen und können wir so viel tun: Ausstieg aus der Kohlekraft bis 2030, starker Ausbau erneuerbarer Energien und Kraft-Wärme Kopplung, keine Neuzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2030, Wärmedämmung an Gebäuden forcieren (ein Schwachpunkt in Bremen), gerechte CO2-Besteuerung…  Die Umstellung der Landwirtschaft ist ein Schlüsselprojekt: einerseits ächzt sie unter den Folgen der Klimakatastrophe, andererseits verschärft Sie diese maßgeblich.

Wir müssen Bremen und Bremerhaven auf klimatisch bedingte Extremereignisse vorbereiten und unseren Beitrag zur Minderung der globalen Erwärmung leisten. Der Senat hat eine ehrgeizige Klimaanpassungsstrategie beschlossen. Weniger ehrgeizig ist bislang die finanzielle Unterfütterung der Maßnahmen. Dach- und Fassadenbegrünung müssen deutlich ausgebaut werden. Das städtische Grün und Frischluftschneisen müssen weiter entwickelt werden. Eine Bebauung der Osterholzer Feldmark oder das gewollte Vorhaben in Brokhuchting wären aus dieser Perspektive noch schädlicher. Politische Überzeugungsarbeit und Aktionen sind bedeutsam. Die vielen Schritte, die wir in unserem privaten und politischen Umfeld beeinflussen können, müssen wir aber auch machen und vorbereiten.