Die Meinung am Freitag, 7.12.2018, von Fabian Taute

Ich meine, dass wir stärker auf Gruppen zugehen müssen, die sich für eine humane europäische Flucht- und Migrationspolitik, die Entkriminalisierung von Seenotrettung und die Entwicklung Bremens zu einer Solidarity City einsetzen.

07.12.18 –

Ich meine, dass wir stärker auf Gruppen zugehen müssen, die sich für eine humane europäische Flucht- und Migrationspolitik, die Entkriminalisierung von Seenotrettung und die Entwicklung Bremens zu einer Solidarity City einsetzen.

Mir scheint eine sehr verständliche Erleichterung in der Partei vorhanden, dass das Thema Flucht und Migration in der öffentlichen Debatte mittlerweile nicht mehr so stark im Fokus steht wie es die letzten Monate und Jahre der Fall war und Themen wie Stadtentwicklung, Klimaschutz und Kultur wieder mehr Raum bekommen.

Darüber bin ich auch froh, denn es gab tatsächlich wenig Raum für andere Inhalte und durch die Konzentration auf dieses Thema hat sich der gesellschaftliche Diskurs, wie ihr alle wisst, massiv nach rechts verschoben, anstatt sich um progressive zukunftsgewandte Politik zu drehen. In den letzten Jahren, insbesondere in den letzten Monaten, hat sich in Bremen allerdings einiges getan. Zusammenschlüsse Geflüchteter wie Together We Are Bremen (kurz TWAB, ehemals Bündnis Gottlieb-Daimler-Straße; www.facebook.com/TogetherWeAreBremen/) haben sich organisiert, artikulieren ihre Interessen und fordern ihre Rechte ein.

Ein anderes Beispiel: Auch in Bremen hat sich im Sommer ein Ableger der bundesweiten Bewegung Seebrücke gegründet und macht mit politischem Aktivismus, Demos, Diskussionsveranstaltungen, etc. auf die tödlichen Konsequenzen der europäischen Abschottungspolitik und die unsägliche Kriminalisierung privater Seenotrettungsmissionen aufmerksam. Auf den Druck der Aktivist*innen wurde auf Antrag der Linken von Linken, SPD und Grünen in der Bürgerschaft im August beschlossen, dass die Kriminalisierung von Seenotrettung verurteilt wird und sich Bremen bereit erklärt, aus Seenot gerettete Menschen im Land aufzunehmen. In Bremen haben sich also zivilgesellschaftliche Strukturen etabliert, die für eine offene Gesellschaft eintreten und den reaktionären Umgang mit Flucht und Migration entschieden zurückweisen. Die involvierten Gruppen sind gerade dabei sich zu vernetzen, um ihre Utopie einer Solidarity City zu realisieren: Einer Stadt, die Menschen, die auf Seenotrettungsschiffen im Mittelmeer verharren, mit offenen Armen aufnimmt; die Barrieren abbaut und so einen offenen Zugang zum freien Leben in der Stadtgesellschaft ermöglich; die keine Ausweiskontrollen durchführt, die Abschiebungen aussetzt und bildlich gesprochen einen sicheren und solidarischen Hafen darstellt. Diese Menschen aus breiten Teilen der Zivilgesellschaft, sind meistens jung, liberal, progressiv und solidarisch und befürworten eben diese Politik.

Ich meine, dass wir die Partei sind, die diesen Menschen politische Angebote unterbreiten muss und sie nicht im Regen stehen gelassen werden dürfen, denn ihre Ziele in diesem Politikfeld und ihr Wertekonstrukt sind mit dem unserer Partei weitestgehend kongruent. Wir haben viele Leute in der Partei, die im Bereich Flucht und Migration viel Leidenschaft haben und sich hervorragend einbringen. Auch ist Bremen im Vergleich zu anderen Bundesländern bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten recht positiv in Erscheinung getreten, aufgrund Grüner Politik, vielen Dank dafür. Ich würde mir aber wünschen, dass wir mehr auf zivilgesellschaftliche Gruppen zugehen, mit ihnen zusammenarbeiten und gemeinsam politische Weichen stellen.

Es reicht ja manchmal schon sich einfach mal "Blicken zu lassen", Kontakte zu knüpfen und ins Gespräch zu kommen. Die Linke bringt gerade die unterschiedlichsten Menschen zusammen, um über die Ausgestaltung einer Solidarity City zu sprechen. Da müssen wir dabei sein. Wir sollten in einer LAG Migration und Flucht eigene Visionen einer Solidarity City entwickeln und im Verbund mit der Zivilgesellschaft aktiv daran mitwirken. Ich würde mich freuen am Samstag auch zu diesem Thema ein paar Statements von unseren Kandidierenden zu hören. Flucht- und Migrationspolitik beschäftigt die Menschen in der Stadt immer noch und das auch noch weitere Jahre. Und wie ich hoffentlich zeigen konnte, bewegt sie mittlerweile viele auch im progressiven Sinne. Ich hoffe sie bewegt uns auch in diesem Sinne, es liegt insbesondere an den Kandidierenden, ob wir auch so wahrgenommen werden.

PS: Am Montag dem 10.12. (internationaler Tag der Menschenrechte) findet ab 17 Uhr eine von im Text genannten Gruppen organisierte Demonstration ab dem Brill statt. Es wäre schön, viele von euch dort zu sehen.