Die Meinung am Freitag, 07.03.2014, von Petra Kettler

Ich meine, dass bei der möglichen Aufhebung des Friedhofszwanges für Urnen eine hoch emotionale Debatte geführt wird. Da das Thema Sterben, Tod und Trauer mit vielen Emotionen verbunden ist, ist das nicht verwunderlich.

07.03.14 –

Ich meine, dass bei der möglichen Aufhebung des Friedhofszwanges für Urnen eine hoch emotionale Debatte geführt wird. Da das Thema Sterben, Tod und Trauer mit vielen Emotionen verbunden ist, ist das nicht verwunderlich.

Selbstverständlich muss geprüft werden, ob die Würde der Toten gewahrt wird. Das ist nicht nur eine Frage der Pietät, sondern auch im Grundgesetz verankert. Wenn die Würde eines Menschen unantastbar ist, so muss das auch für den toten Menschen gelten.

Aber was ist eigentlich Würde? Auf diese Frage hat sicher jeder Mensch eine ganz eigene Antwort. Es gibt viele Definitionsversuche. Eine der vielen möglichen Antworten ist „freiheitliche Selbstbestimmung“. Im Leben bestimmen wir vieles selbst, z.B. ob wir zurückgezogen für uns allein leben. Nach dem Tod soll unsere Grabstätte dann für alle zugänglich sein?

Die letzte Ruhe soll nicht gestört werden. Aber hinterfragen wir auch, ob diese Ruhe auf dem Friedhof gewahrt wird?

Bei dem Zwang, die Toten auf öffentlich zugänglichen Friedhöfen zu bestatten, ist eine echte Ruhe nicht möglich. Die Gräber können nicht gegen Diebstähle und Vandalismus geschützt werden. Gräber von Prominenten werden zu Pilgerorten, auch wenn sie zu Lebzeiten gerne zurückgezogen gelebt haben.

Ob es Loriot gefallen hätte, dass sein Grab mit Quietsche-Enten und

Porzellan-Möpsen geschmückt wird? Und nun hat auch das Internet die Friedhöfe entdeckt. Systematisch werden Fotos von Grabsteinen veröffentlicht – rechtlich anscheinend einwandfrei – eben weil sie öffentlich zugänglich sind. 

Etwas anderes ist es mit Kinderlärm von nahe gelegenen Spielplätzen oder Schulhöfen. Damit sind die Toten mitten im Leben und das ist gut so. Viel zu lange war Sterben ein Tabuthema in Deutschland.

Seit einigen Jahren etablieren sich stationäre Hospize und Kinderhospize, sowie ambulante Hospizdienste. In Kliniken entstehen Palliativstationen und eine ambulante Palliativversorgung.

Diese Einrichtungen ermöglichen eine würdevolle und individuelle Begleitung von Sterbenden. Das ist Ausdruck von Selbstbestimmung.

Was passiert aber ab dem Zeitpunkt des Todes?

Ein Beispiel: Ein Vater wollte die Urne seines Sohnes gerne selber zum Grab tragen. Das wurde abgelehnt. „Aus versicherungstechnischen Gründen!“ Es war ein behindertes Kind, das während des ganzen Lebens vom Vater getragen wurde. Dagegen hatten keine Versicherungsgründe gesprochen.

2. Beispiel: Ein Ehepaar lebte seit über 60 Jahren zusammen, war nie auch nur für einen Tag getrennt. Nun ist die Frau gestorben. Der Mann wäre gerne jeden Tag am Grab seiner Frau. Er ist hoch betagt, kann ohne fremde Hilfe nicht zum Friedhof kommen. Sein Sohn ermöglicht ihm einmal monatlich einen Friedhofbesuch.

Vielleicht wäre es in diesen beiden Fällen tröstlich, die Urne eine Weile zu Hause zu behalten.

Ist der Friedhof immer der richtige Ort zum Trauern? Ich meine, es ist würdevoll, wenn jeder Mensch selbst darüber entscheiden darf.

Kategorie

Gesundheit