Die Meinung am Freitag, 07.03.2014 von Zahra Mohammadzadeh

Ich meine, dass der Internationale Frauentag am 8. März ein guter Anlass ist, für die Rechte von Migrantinnen einzustehen. „Gleichstellung der Frauen ist Fortschritt für alle“ – so lautet das diesjährige Motto der Frauenorganisation der Vereinten Nationen, UN-Women.

07.03.14 –

Die Mehrheit der Migrantinnen in Deutschland hatte selten die Alternative, zwischen Familie und Arbeit, Ehemann und Beruf, Ausbildung und Kinderbetreuung frei zu wählen. Viele Migrantinnen sind verantwortlich den notwendigen Beitrag zum Lebensunterhalt der Familie zu erwirtschaften, nicht selten sorgen sie allein für die Sicherung der Grundbedürfnisse für sich und die Kinder. Die meisten von ihnen arbeiten immer mehr für immer weniger. Niedrige Löhne, unfreiwillige Teilzeit, Leih- oder Zeitarbeit, befristete Anstellung, „flexible“ Arbeitszeiten (flexibel für den Arbeitgeber, aber nicht für die Frau), ungesicherte Beschäftigungsverhältnisse, Minijobs, keine Sozialversicherung – das ist die Lebenswirklichkeit vieler Frauen in Deutschland, ob mit oder ohne Migrationsbiographie – aber insbesondere für Frauen mit Migrationsbiographie.

Angesichts dieser Verhältnisse kann der 8. März nur als Aufforderung an alle Frauen gleich welcher Herkunft aufgefasst werden, das gemeinsame Bemühen zu verstärken:

  • für existenzsichernde Löhne,
  • für gerechte Arbeitsbedingungen,
  • für Gleichstellung und das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.

Vor allem bedürfen Flüchtlingsfrauen unserer verstärkten Solidarität. Außer politischer Verfolgung, Krieg und Bürgerkrieg haben sie vielfältige Formen von Gewalt erfahren, die sich gegen ihren Körper und ihre Selbstbestimmung als Frauen richten. Frauenspezifische Fluchtursachen werden nur selten als Asylgrund anerkannt. Im Aufnahmeland Deutschland treffen Flüchtlingsfrauen auf Misstrauen gegenüber diesen Fluchtgründen. Sie und ihre Kinder werden oft unter unvertretbaren Bedingungen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht. Immer wieder kommt es vor, dass sie durch Abschiebung oder andere Umstände von ihren Kindern getrennt werden. Bedrohungen durch Rechtsextreme oder ablehnendes Verhalten von Anwohnern kommen z.T. hinzu.

Wir haben in Bremen in den vergangenen Monaten angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahlen – Männer wie Frauen – intensiv über Unterbringungsmöglichkeiten diskutiert und für menschenwürdige Lösungen gearbeitet. Die Lage der Flüchtlingsfrauen mahnt uns, diese Bemühungen weiterzuführen. Ein kürzliches Urteil des Europäischen Gerichtshofes betont, dass Schutzsuchende in der EU ab dem Tag der Asylantragstellung ein Recht auf eine angemessene Wohnung haben. 

Wir Bremerinnen sollten den Internationalen Frauentag daher auch zum Anlass nehmen zu überlegen, wie wir die politische Organisationen von Migrantinnen für ihre eigene Interessensvertretung unterstützen können. 200 Migrantinnen aus dem ganzen Bundesgebiet und aus vielen verschiedenen Herkunftsländern sprachen sich beim zweiten Migrantinnenkongreß für die Gründung einer bundesweiten Vernetzung ihrer Organisationen aus, um ihre Interessen wirkungsvoll auf Bundesebene vertreten zu können.

Hierfür sind neue emanzipatorische Bündnisse nötig, zwischen dem traditionellen Feminismus, den neuen „Gender-Bewegungen“ und den Migrantinnenorganisationen. Der Feminismus der Migrantinnen ist Teil der Frauenbewegung, der globalen wie der deutschen. Was sie wollen, ist die Gleichstellung der Migrantinnen im Rahmen ihrer jeweiligen Kultur, in der ein Großteil von ihnen verwurzelt bleibt. Es ist ihnen bewusst, dass ihr feministischer Ansatz Teil einer neuen, umfassenderen feministischen Bewegung ist, die dem Mainstream-Feminismus Impulse zu geben vermag. In diesem Sinne könnte die Gleichstellung der Migrantinnen ein Fortschritt für alle Frauen werden.

Wer, wenn nicht wir Grünen, sollten diese Prozesse begleiten und unterstützen?

Kategorie

Migration, Integration, Asyl