Die Meinung am Freitag, 13.6.2014, von Joachim Lohse

„Ich meine, dass es gerade jetzt wichtig ist, in den USA für erneuerbare Energien zu werben und den dortigen Klimaschützern den Rücken zu stärken."

13.06.14 –

„Ich meine, dass es gerade jetzt wichtig ist, in den USA für erneuerbare Energien zu werben und den dortigen Klimaschützern den Rücken zu stärken."

 

Lange haben wir darauf gewartet: vor einer Woche hat US-Präsident Barrack Obama nach Jahren der Stagnation seinen Climate Action Plan angekündigt, mit dem er den CO2-Ausstoß von Kohlekraftwerken um 30 Prozent verringern will. Obama will dies über die US-Umweltbehörde EPA am Kongress vorbei auf dem Verordnungsweg durchsetzen, denn der Kongress hat bislang jede verbindliche nationale US-Klimapolitik verhindert.

Zwar sind dies noch zaghafte erste Schritte, zumal die Hälfte des Reduktionsziels als bereits realisiert gilt. Es ist auch nicht ausgemacht, inwieweit die einzelnen Bundesstaaten die Verordnung umsetzen oder sich ihr widersetzen werden. Schon dies erforderte jedoch einigen politischen Mut von Obama, denn viele der besonders kohlelastigen Bundesstaaten werden von Vertretern seiner eigenen demokratischen Partei regiert, und im Herbst stehen auch noch Zwischenwahlen für den Kongress an. Insofern kann der Climate Action Plan, wenn er denn Realität wird, durchaus als Trendwende in der US-Klimapolitik gelten.

Vergangene Woche war ich auf Einladung des Deutschen Generalkonsulats und des Goethe-Instituts für zwei Tage in Chicago, um an mehreren Veranstaltungen und Gesprächen zur Bekämpfung des Klimawandels, und insbesondere über die Chancen der Offshore-Windenergie teilzunehmen. Die US-Teilnehmer berichteten immer wieder, wie erschreckend gering das Bewusstsein in ihrer Bevölkerung darüber ist, dass es a) den Klimawandel tatsächlich gibt, dass es b) notwendig ist, heute etwas dagegen zu tun, und c) dass dies mit kluger Politik auch möglich ist, ohne dass man die Wirtschaft des eigenen Landes ruiniert.

Angesichts dieser Stimmungslage ist kaum zu erwarten, dass US-Politiker von sich aus weitergehende Schritte zur Begrenzung der CO2-Emissionen veranlassen werden. Zu groß sind die Interessengegensätze zwischen den einzelnen Bundesstaaten, zu stark die Lobbymacht der alten Industrien, zu schwach die grüne Partei in den USA, und zu veränderungsresistent das amerikanische Wahlsystem, in dem sich Republikaner und Demokraten seit Jahren in ideologischen Grabenkämpfen verhakeln, während das Mehrheitswahlrecht das Aufkommen einer dritten politischen Kraft wie hierzulande der Grünen so gut wie unmöglich macht.

Gerade von Seiten der USA benötigen wir jedoch verbindliche Zusagen, wenn nicht die Klimakonferenz Ende 2015 in Paris ähnlich ergebnisarm verlaufen soll wie eine Reihe von Vorläuferkonferenzen. Denn nur mit deutschen Erfolgen bei der Reduzierung der Treibhausgase werden wir das Weltklima nicht retten – und schon gar nicht allein mit unseren lokalen Anstrengungen hier in Bremen. Und wenn wir andere Länder nicht überzeugen, dann bekommen wir hier in Bremen – aufgrund unserer großen Verwundbarkeit gegenüber steigendem Meeresspiegel, Sturmfluten und Starkregenereignissen – ein erhebliches Problem.

Wenn wir das Klima retten wollen, dann gibt es genau zwei Schlüsselnationen, und das sind die USA und China. Und da wir von der amerikanischen Politik keine Wunderdinge erwarten, bleibt nur der Weg über die Zivilgesellschaft und private Wirtschaftsakteure, um die Debatte quasi von unten zu führen und am Ende hoffentlich zu gewinnen.

Und ob es einem nun schmeckt oder nicht: wenn wir die Amerikaner gewinnen wollen, dann dürfen wir nicht nur moralisch argumentieren, sondern müssen ökonomisch überzeugen. Am Ende zählen die Dollars! Deshalb ist es so wichtig immer wieder zu betonen, dass uns die Reduzierung der Treibhausgase wesentlich billiger kommt als die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen (wie Bremens 240-Mio.-Euro teures Küstenschutzprogramm). Am teuersten schließlich wird es, wenn wir auf die nächste „Naturkatastrophe" warten, deren Kosten dann schnell in die Milliarden gehen, wie wir es erst 2013 in Deutschland beim Elbehochwasser mit Schäden in Höhe rund von sieben Milliarden Euro erlebt haben.

Wenn es uns dann noch gelingt überzeugend darzulegen, dass man mit erneuerbaren Energien – wie dem Ausbau der Offshore-Windkraft – die eigene Wirtschaft stimulieren, Investitionen auslösen, Arbeitsplätze schaffen und von Energieimporten unabhängiger werden kann, dann werden Amerikaner und Chinesen auf einmal hellwach und geraten zugleich in Sorge, dass die jeweils andere Wirtschaftsmacht einem zuvorkommen könnte.

Fazit: wir haben allen Grund, nicht nur bei uns zuhause Klimaschutz zu betreiben, sondern auch anderen von unseren Erfolgen und den wirtschaftlichen Chancen zu berichten – in unserem ureigensten Interesse sowohl für den Schutz unseres Landes, als auch hinsichtlich der Exportchancen für unsere Umwelttechnologien.

(Rundfunk-Interview "German city sets example with sustainable energy policies" mit dem Sender WBEZ unter storify.com/WBEZ/worldview-remembering-d-day).

Kategorie

Klimaschutz