Die Meinung am Freitag, 17.10.2014, von Marie Hoppe

Ich meine, dass Politik ein Vorbild von Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein sollte.

17.10.14 –

Ich meine, dass Politik ein Vorbild von Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein sollte.

Wir wollen, dass sich mehr Frauen in der Politik engagieren. Wir fordern Unternehmen auf, Eltern eine Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu ermöglichen. Aber wie familienfreundlich ist Politik?

Aus dem Blickwinkel der eigenen Erfahrung sind die Antworten eher ernüchternd: Kritische Stimmen bei meinem Wiedereinstieg mit Baby. Ein Nachmittagsparlament mit Kernzeiten, die familienfeindlicher nicht sein könnten. Wenn wir Eltern in der Politik wollen, die ihre Kinder gleichberichtig großziehen, ist es mit einem Stillraum in der Bürgerschaft nicht getan!

Ich möchte von meinen eigenen Erfahrungen berichten, um ein Handlungsfeld aufzuzeigen. Im Februar durfte ich Mutter werden. Ein großes Glück, aber auch Unsicherheit. Wie gehe ich mit meinem Mandat als Abgeordnete um? Mutterschutz, Elternzeit - für Abgeordnete gibt es keine Regelungen. Ich danke allen für das Möglichmachen einer Babypause. Als mein Sohn und ich ein eingespieltes Team waren, wollte ich meiner Aufgabe wieder nachkommen. Als stillende Mutter konnte ich jedoch meinen kleinen Säugling noch nicht für längere Zeit abgeben. Für mich war es nur möglich, zeitweise und/oder ihn mit zusammen zu Terminen zu kommen. Auch wenn mich viele willkommen hießen, wurden im Vorfeld auch Befürchtungen geäußert z.B. das Sitzungen gestört werden könnten. Es hat sich aber gezeigt, dass der Kleine wunderbar geschlafen hat, und das sogar im Parlament. Ich bin also froh, dass ich auch schon mit ihm zusammen wieder eingestiegen bin. Umso größer er wurde, umso aktiver wird er. Jetzt hat er keine Lust mehr, Stunden im Tragetuch zu verbringen. Mit großem Glück haben wir eine Tagesoma gefunden, die auch in den Nachmittagsstunden kann. Aber was ist mit Kindern, die in die Kita oder in die Schule gehen? Sie auch noch am Nachmittag betreuen zu lassen, würde bedeuten, so gut wie gar keine Zeit mehr mit ihnen zu verbringen. Das kann aber nicht das sein, was wir wollen, wenn wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fordern!

Das Halbtagsparlament soll Abgeordneten ermöglichen, nebenher noch einer anderen oder ihrer „eigentlichen" beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Der Nebeneffekt ist, dass die Kernzeiten der Sitzungen seit dieser Legislaturperiode auf den Zeitraum zwischen 14.30 und 18 Uhr festgelegt wurden. Dies sind Zeiten, die familienfeindlicher nicht sein könnten. Freie Zeit am Vormittag, während die Kinder in der Kita oder Schule sind, und die Sitzungen am Nachmittag. Damit wird ein Familienleben innerhalb der Woche auf das Wecken und ins-Bett-Bringen reduziert. Ich als Mutter kann mir das auf jeden Fall schwer vorstellen und frage mich, warum die Sitzungen nicht am Vormittag stattfinden können. Soweit es überhaupt erforderlich ist, kann in vielen Bereichen auch am Nachmittag gearbeitet werden, aber die Zeiten der Kita oder Schule werden sich nicht ändern. Damit wird es nicht nur Eltern, die Abgeordnete sind, schwer gemacht, sondern es hängen noch viele weitere ArbeitnehmerInnen daran. Die Kernzeiten des Parlamentes haben ebenfalls Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen der Bürgerschaftsverwaltung, Fraktionen und Behörden.

Wenn wir in unserem Parlament nicht nur von Vereinbarkeit von Familie und Beruf reden, sondern sie auch leben wollen, gibt es noch einiges zu tun. Wir müssen ernsthaft über die Kernzeiten nachdenken und Unterstützungen anbieten. So bleiben sollte es auf jeden Fall nicht!

Kategorie

Kinder & Familie