Die Meinung am Freitag, 24.06.2016, von Jasper Meya

Ich meine, dass nach der Reform des Erneuerbaren Energien Gesetztes die Energiewende nicht mehr das ausschlaggebende Argument für den Offshore Terminal Bremerhaven seien kann.

23.06.16 –

Betreff: Die EEG-Novelle 2016, die Bremer Klimapolitik und der OTB

Ich meine, dass nach der Reform des Erneuerbaren Energien Gesetztes die Energiewende nicht mehr das ausschlaggebende Argument für den Offshore Terminal Bremerhaven seien kann.

In diesen Tagen berät der Bundestag die Reform des Erneuerbaren Energien Gesetzten, das bisher der Motor der deutschen Energiewende war. Folgt der Bundestag dem Kabinettsbeschluss von vorletzter Woche, so wird die große Koalition voraussichtlich den Ausbau der Erneuerbaren, insbesondere für Windenergie an Land, unter das Niveau der letzten Jahre deckeln. Vielleicht noch entscheidender für die Landespolitik ist, dass nun der Ausbaukorridor für Erneuerbare zentral festgeschrieben wird. Dadurch ist es für Bundesländern und Kommunen kaum noch möglich, einen ambitionierteren Ausbau von Erneuerbaren, der nicht auf die Kosten anderer Akteure geht, zu verfolgen. Denn durch den Wechsel auf Ausschreibungen wird für jedes Windrad, das in Zukunft im Nordwesten mehr gebaut wird, ein Windrad an anderen Stellen in Deutschland nicht mehr gefördert werden. Die ausgeschriebene Fördermenge bleibt in Zukunft gleich groß, es stellt sich „nur“ noch die Frage, an wen und zu welchem Preis die Stücke des Kuchens verteilt werden.

Das betrifft mittelfristig auch den Ausbau von Windenergie auf See. Nach aktueller Planung wird der Ausbau der Offshore-Windenergie ab 2020 jährlich 800 MW betragen. Das ist also nur etwas mehr als der für 2016 prognostizierte Zubau von 700 MW (Bundesverband Windenergie). Und spätestens hier wird es relevant für die Bremer Landespolitik: das ging bisher auch ohne Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB). Der OTB müsste also Produktionen von anderen Standorten nach Bremen ziehen. Die Ansiedelung von Siemens in Cuxhaven suggeriert einen solchen Trend nicht gerade. Außerdem gilt: Solange es mehr Interessenten als ausgeschriebene Kapazitäten gibt, wird eine mit Hilfe Bremerhavens errichtetet Offshore-Windanlage, keinen zusätzlichen Netto Erneuerbaren-Storm in Deutschland erzeugen.

Jetzt könnte man sagen, wir lassen uns nicht bremsen und bauen den OTB trotzdem, weil sich Bundesgesetze und Mehrheiten ja ändern lassen und wir daran glauben Andere für die Notwendigkeit einer ambitionierten Energiewende zu überzeugen. Das wäre aber eine ziemlich riskante Wette für ein Haushaltsnotlageland.

Es kann trotzdem gute Gründe geben, es auch nach der EEG-Novelle für sinnvoll zu halten den OTB zu bauen. Allerdings werden das nach der Reform der Einspeisevergütung wohl weniger klimapolitische Gründe sein können, sondern wir würden es machen, weil wir den OTB als Infrastrukturprojekt für Bremerhaven sinnvoll und richtig finden. Wir würden den OTB bauen, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen und einen Schwerlasthafen in Bremerhaven zu haben - auch wenn wir die Energiewende damit nicht beschleunigen. Durch die veränderten Rahmenbedingungen stehen wir aber nicht mehr vor dem Zielkonflikt zwischen Energiewende und Naturschutz, wie zu Beginn der Debatte, sondern müssen Industriepolitik und Naturschutz abwägen.

Denn wer ambitionierten Klimaschutz in Bremen will, sollte nach der EEG-Novelle stärker auf Verkehr und Bauen, als auf Stromerzeugung setzten. Hier gäbe es viele alternative Möglichkeiten für die OTB-Millionen: In der Mobilität könnte das sein, die Radfahrfreundlichkeit von Bremen konsequent weiter zu entwickeln, den ÖPNV zu verbessern oder die E-mobilität zu fördern, z.B. durch Pilotprojekte für den Einsatz von E-mobilität in Fahrschulen oder Car-Sharing. Im Bereich Gebäude könnte Bremen ein ehrgeiziges Energieeffizienzprogramm für bestehende Gebäude auflegen oder in der Stadtentwicklung konsequent auf Niedrig-Energie-Häuser und Ökostadteile setzten. Mit Projekten in diesen Sektoren können wir einen Netto-Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten, würden regionale kleine und mittelständische Unternehmen fördern, die Lebensqualität in Bremen steigern und all das möglicherweise ohne wertvolle Naturschutzflächen zu zerstören.

Wir sollten also genau beobachten in welcher Fassung der Bundestag am Ende die EEG-Reform verabschiedet und ob der OTB auch nach der Reform eine sinnvolle öffentliche Investitionen für Bremen bleibt. Wahrscheinlich werden wir uns als GRÜNE weniger mit dem Dilemma aus Umwelt- und Naturschutz quälen müssen, sondern können etwas nüchterner die Fragen abwägen, die sich bei jedem öffentlichen Infrastrukturprojekt stellen: Sind die zu erwartenden wirtschaftlichen Effekte des OTBs ausreichend, um die öffentliche Investitionen der knappen Haushaltsmittel und die Umwelteinwirkungen zu rechtfertigen? Auch jedes vernünftige Unternehmen wird nach der EEG-Reform nochmal alle betroffenen Investitionsentscheidungen unter den neuen Rahmenbedingungen prüfen.

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