Die Meinung am Freitag, 27.01.2017, von Anja Wedig

Ich meine, wir brauchen keine Angst zu haben. Und das in mehrerlei Hinsicht.

26.01.17 –

Ich meine, wir brauchen keine Angst zu haben.

Und das in mehrerlei Hinsicht.

Vorschläge zur sogenannten inneren Sicherheit, die freiheitliche Grundrechte derart einschränken, wie zuletzt in sozialdemokratischen Papieren genannt, sollten unser Ding nicht sein.

Ich möchte nicht dabei gefilmt werden, wie mein Alltag abläuft.

Ich möchte nicht, dass Fußfesseln als Präventionsmaßnahme Alltag werden.

Ich möchte nicht, dass aufgrund von Gefühlen der Einen die Anderen zu Menschen zweiter Klasse herabgewürdigt werden. (Sind Gefühle nicht auch das, woraus sich die `alternative facts` letztlich entwickeln? Und zum Ambivalenten von Gefühlen siehe auch Carolin Emcke: „Gegen den Hass“)

Wann besteht Gefahr? Gibt es eine so eindeutige Antwort auf diese Frage, dass das Anlegen von Fesseln legitim erschiene, bevor jemand straffällig wurde?

Ich möchte nicht das „sicher oder nicht“ anderer Staaten von innenpolitischen Gefühlslagen bestimmt wissen.

Wir brauchen für unsere Sicherheit keine schnellen Erfolge, sondern nachhaltig wirkende politische Entscheidungen, vor allem in der Außen- und Wirtschaftspolitik. Anders als von Populisten suggeriert gibt es diese schnellen Erfolge auch nicht.

Würdeloser Umgang in einer Zivilgesellschaft darf sich nicht durchsetzen.

Terroristen produzieren Angst. Terroristen machen den Menschen als solchen zur Zielscheibe. Wir nicht. Bitte lasst uns unsere Politik fortsetzen, die sich um Menschen kümmert, Menschen hier wie dort, von hier wie von dort; die sich kümmert um den Menschen als soziales Wesen, dem als solchem erst mal Vertrauen entgegenzubringen ist.

Diese Achtsamkeit der Würde des Einzelnen gegenüber schließt unsere politische Aufmerksamkeit für Polizist*innen und Justizbeamte ein. Wir sollten die Aufstockungen unterstützen, denn eine furchtlose  und geachtete Arbeit ist hier wichtig. Dasselbe gilt im Übrigen aber auch für Lehrer*innen, für Erzieher*innen, für Sozialpädagog*innen: Was stocken wir im Sozialsektor auf? Wie viel bei Bildung?

Helfen gegen die Angst nicht gute Bildung und Gutes erfahren mehr als Fesseln, Kameras, Zäune?

Auch die Angst vor Abstimmung und Diskussion scheint bei uns Bremer Grünen umzugehen.

Derart häufig wird von Funktionären im Namen der Partei gesprochen, dass ich mich oft frage, ob meine Sinne noch tüchtig genug sind, um im LaVo mitarbeiten zu können.

Müsste ich wohl Papiere aus der Luft extrahieren können, um sie aufzunehmen? Welche Furcht lässt Papiere erst in den Medien erscheinen, bevor sie im Nachgang an die Partei gereicht werden, die so keine Chance hat zu reagieren?

Und was ist schwer an dem Satz: „Ich spreche hier für die Fraktion.“

Warum gibt es keine grünen Papiere von grünen Senator*innen, so wie es doch offensichtlich sozialdemokratische von Senatsmitgliedern gibt, ohne dass es zischt?

Und es ist ja bei weitem nicht so, dass sich einfach ein paar Grüne tolle Themen ausdenken und dann ein bisschen zu rasant damit hausieren gehen, nein, wir alle zusammen tanzen wieder und wieder den Entwicklungen hinterher, die maßgeblich andere Parteien initiieren.

Ich möchte keine Partei sein, die Angst hat. Wir sind eine Partei, die Ziele hat. Ziele, die nur wir haben, die nur wir so formulieren, transportieren und erreichen können. Auch jetzt schon in Bremen. Es wird noch wichtiger werden, definieren zu können, was „grün“ heißt und was „grün“ will. Davon sind wir wohl noch ziemlich weit entfernt.

Fazit:

-       Mehr Grüne Positionen! Definitionshoheit von Begriffen, Achtsamkeit beim Vokabular, dezidiertes Sprechen. Kein formelhaftes Aufzählen des in den müden Ohren üblich klingenden Politikbramarbasierens.

-       Priorisieren: Egal um was es geht: Bitte innerlich zurückbinden auf unsere Kernthemen! Wir müssen in unserer Haltung klarer werden. Und wenn wir bei einem Thema spät dran sind, weil´s nicht unser Thema ist, dann möchte ich in demselben Atemzug ein statement, warum unser Thema ebenso und eigentlich Thema ist.

-       Freude an der Debatte: Warum streiten wir Grüne eigentlich nur so verhalten, so heimlich? Das ist doch das beste und lehrreichste, um am Ende eine klare Haltung zu haben, und sei es das ehrliche Bekenntnis des Widersprüchlichen von Wirklichkeit: die Fakten durchkauen, genau untersuchen, Drehen und Wenden der Informationen, Perspektiven beachten, indem ich sie mir anhöre - Kommunikation! Den Umweg müssen unsere Worte gehen, es reicht nicht, es sich alleine auszudenken, wie ich`s gern hätte, weil`s dann praktisch wäre, aus meiner Sicht und Arbeitsperspektive. Es gilt miteinander abzuwägen. Reichen dazu einfach ehrliches Bemühen und der gute Willen aller Beteiligten? Können wir Frau und Herr des Verfahrens werden durch digitales Kommunizieren jenseits von Facebook? Wo ist das bremische grüne Blog zu finden? Austausch im Netz: öffentlich, inhaltlich, höflich, jederzeit?

-       Zur eigenen Nase: Ich möchte einen unabhängigen, aktiven, prägenden LaVo: der Instanz ist, Forum ist, der aussagefähig und streitlustig ist, sein darf. Jede*r Einzelne dieses Gremiums ist so fit und fröhlich und kompetent, und dann neutralisieren wir unsere Energien viel zu oft in Verfahrensfragen und Einschätzungsgedöns zugunsten eines wenig glitzernden Mittelwegs. Das kann besser werden! Sind wir interessant und interessiert genug? Sind wir anders als unsere Regierung und unsere Fraktion? Was ist unsere Qualität?

P.s.: Danke an Lina Thee für die schöne Frage nach der Angst.

Kategorie

Innen/Recht