Die Meinung am Freitag, 30.1.2015, von Matthias Güldner

Ich meine, dass politisch oder religiös motivierter Gewalt immer das Wort vorausgeht.

30.01.15 –

Ich meine, dass politisch oder religiös motivierter Gewalt immer das Wort vorausgeht.

Der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche hat also Recht, wenn er über die Predigt des Pastors von St. Martini, Olaf Latzel, am 18. Januar diesen Jahres sagt: „Die Formulierungen sind unerträglich und dazu geeignet, Gewalt gegen Fremde, Andersgläubige oder Asylbewerbern Vorschub zu leisten". Um zu beurteilen, was am beschaulichen Weserufer an jenem Sonntag geschah, muss man sich diese unglaubliche Hasspredigt in voller Länge hier anhören.

Ein offensichtlich wirrer, aber darum nicht minder gefährlicher, Pastor einer Mitgliedsgemeinde der Bremischen Evangelischen Kirche bastelt sich zunächst aus vereinzelt aus dem Alten Testament herbeizitierten Bruchstücken, ein wenig Luther und ganz viel sektiererischem Eifer, ein eigenes Glaubensbekenntnis. Alttestamentarisch mit Schwert, Blitz und Donner, zugleich in irritierender Weise pseudo-reformiert und evangelisch. Soweit hat die Menschheit damit noch kein Problem. Jeder darf sich seine philosophisch-politisch-religiöse Welt selbst zusammenbauen und an sie glauben.

Wie beim Wahabismus, beim Salafismus und anderen selbstentworfenen religiösen Machtphantasien beginnt das Problem mit diesem irrlichternden Pastor aber, wenn Herr Latzel sich als von Gott auserwählt betrachtet, diese angeblich einzige Interpretation des Glaubens gegen den gesamten ungläubigen Rest der Menschheit durchzusetzen. Also gegen andere Protestanten, Katholiken, Muslime, Buddhisten, Atheisten, alle, die nicht anerkennen wollen, dass die Achse Gott-Latzel über die einzig wahre Erkenntnis verfügt. Latzels Wortwahl dazu: „Gott fordert Reinheit", „wir müssen uns reinigen" (von gemeinsamen Aktivitäten z. B. mit Muslimen). Alles andere ist „Dreck",  anderen Glaubensgemeinschaften wird schlichtweg die Legitimation abgesprochen („Blödsinn").

Aber Latzel bleibt beim ausgrenzenden und diskriminierenden religiösen Reinheitsgebot nicht stehen: „Gott sagt, Umhauen, verbrennen, hacken, Schnitte ziehen. Aber das fordere nicht ich, das fordert unser Herr und Gott". Das ist O-Ton Pierre Vogel, das ist IS und Al-Qaida. Das sind Predigtworte, die zu Hass und Gewalt aufrufen. Man muss sich das vorstellen, eine evangelische Kirchengemeinde in Bremen hält sich einen Pastor, und zwar ganz bewusst genau diesen Pastor („Wir stehen zu 100% hinter Pastor Latzel", sagt ein Kirchenvorstand bei Radio Bremen), der am Sonntag in dieser von Hass und Gewalt so geprägten Zeit  mit dem Zündholz am Pulverfass hantiert. Wundere sich bitte hinterher niemand, wenn Menschen, die von der Achse Gott-Latzel als nicht auserwählt betrachtet werden, Opfer von Gewalt werden.

Das Wort geht immer der Gewalt voraus. Pastor Latzel hat es deutlich ausgesprochen und die gesamte Bremer Zivilgesellschaft muss sich dagegen wehren.

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Innen/Recht